Tagebuch

Aline Pütz und die Veränderungen bei Radio Luxembourg in den 60er und 70er Jahren

Unser Projektteam hatte das Privileg Aline Pütz zu besuchen, eine frühere „Speakerin“ für das luxemburgische Programm von Radio Luxembourg von 1968 bis 1979.

Aline war während einer entscheidenden Phase gesellschaftlicher und kultureller Veränderungen auf Sendung. In diesem Kontext moderierte sie innovative Programme. Kurz vor der Gründung des Planning Familial durch die Gynäkologin Dr. Molitor-Peffer wurde diese regelmäßig von Aline Pütz in ihrer Sendung „Fraenmissioun“ auf RTL zu Themen der Sexualaufklärung und Abtreibung befragt. Es war beispiellos, diese Themen im Radio zu diskutieren. Dadurch wurden sie Zielscheiben für harte Kritik. Nur ein kleiner Teil der Hörerschaft unterstützte das Programm und dessen Offenheit. Der Leiter des luxemburgischen Programms, Nic Weber, bestand darauf, sich in derselben Sendung mit der Ungleichheit zwischen den Geschlechtern auseinanderzusetzen, die in den 60er und 70er Jahren herrschte. Aline hatte regelmäßig die Gelegenheit, Politikerinnen zu befragen, die sich aktiv für die Gleichberechtigung einsetzten, darunter Lydie Schmit, Colette Flesch, Liliane Thorn-Petit und Astrid Lulling. Aline war auch an der ersten Sendung beteiligt, die sich mit dem Alltag und den Problemen behinderter Menschen im Hinblick auf eine bessere Inklusion mit Dr. Metz befasste. Dabei wurden auch Sendungen aus Behinderteneinrichtungen ausgestrahlt.

Aline erinnert sich jedoch daran, dass intern nur wenige Fortschritte hinsichtlich der Gleichberechtigung der Geschlechter erzielt wurden, obwohl Männer in dieser Zeit deutlich mehr verdienten und keine einzige Frau den Titel einer professionellen Journalistin tragen durfte. Die Welt von Radio Luxembourg war nicht bereit, Frauen den Status von Journalistinnen zu verleihen, obwohl zahlreiche Frauen journalistische Arbeit leisteten, ohne dafür den entsprechenden Titel oder die angemessene Anerkennung zu erhalten. Aline merkt auch an, dass sich das luxemburgische Programm und sein Inhalt nur langsam an die kulturelle und gesellschaftliche Revolution der späten 60er und 70er Jahre angepasst haben. In den 60er Jahren mussten alle Ansagen zunächst schriftlich genehmigt werden, da eine freiere Ausdrucksweise wie im deutschen oder französischen Programm nur sehr langsam im luxemburgischen Programm Fuß fassen konnte. Eine offizielle und korrekte Verwendung der luxemburgische Sprache wurde außerdem auch besonders erwartet. Aline gelang es jedoch, das luxemburgische Programm aufzufrischen, indem sie nach ihren Interviews für deutsche Sendungen hauptsächlich die Stars und Künstler aus dem Flur mitnahm und zu Interviews einlud.

Aline bemerkt auch, dass ihr Kontakt zu den Hörern sehr unterschiedlich war. Sie nahm eher auf Veranstaltungen Kontakt zu den Hörern auf als während ihrer Sendungen. Tatsächlich waren die Hörer damals weniger eingebunden. Die Sprecher waren visuell weniger bekannt und wurden seltener fotografiert, da die meisten Hörer sie nicht an ihrem Aussehen erkannten. Aline bemerkte durch den Austausch mit Hörern, dass sich diese oft ein Bild von den Stimmen, die sie im Radio hörten, in ihrer Fantasie ausmalten. Aline ist der Meinung, dass Webcams in den heutigen Radiostudios nicht nur im Grunde nutzlos sind, sondern auch das Mysterium der Identität hinter der gehörten Stimme, das zu ihrer Zeit vorherrschte, zerstören.